„Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche gibt es auch in SÜW“ – Präventionsprogramm für Grundschul-Kinder und Lehrkräfte beginnt – Wanderausstellung ab sofort zu besuchen und zu buchen


Bei der Ausstellungseröffnung, an der zahlreiche Grundschul-Leitungen, Fachkräfte der Schulsozialarbeit, Anja Ziebler-Kühn vom Kinderschutzbund, Silke Schick, Schulrätin für die Grundschulen bei der ADD, und Vertreter des Jugendamts teilnahmen, wurde deutlich: Die Ausstellung ist ein starker erster Schritt, auf den allerdings noch viele weitere folgen müssen, um Kinder an der Südlichen Weinstraße effektiv vor sexualisierter Gewalt zu schützen.

Landrat Dietmar Seefeldt hob hervor: „Auch wir an der Südlichen Weinstraße bleiben nicht verschont von Fällen sexualisierter Gewalt. Hinter der Fassade unserer idyllischen Dörfer erfahren Kinder furchtbare Gewalt. Wir gehen daher mit diesem Programm des Jugendamts sehr grundsätzlich die Prävention an.“

Die Aufdeckung und Bearbeitung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist ein wesentlicher Teil der Kinderschutzarbeit in den Jugendämtern. Das Kreisjugendamt SÜW arbeitet auf diesem Feld bereits seit Jahren mit dem Kinderschutzdienst des Kinderschutzbundes Landau-SÜW zusammen. Angedockt an die Schulsozialarbeit soll das neue Präventionsprogramm alle Beteiligten und Ebenen erreichen, um frühzeitig zu sensibilisieren und Erwachsene zu befähigen, Hinweise von Kindern entsprechend wahrzunehmen und geeignete Maßnahmen einleiten zu können.

Silke Schick von der ADD lobte, dass der Kreis SÜW schon früh erkannt habe, dass Schulsozialarbeit auch in Grundschulen mitgedacht werden müsse und verwies auf die vielen beteiligten Akteure, die für gelingende Prävention zusammenzuarbeiten haben: „Nicht nur die letzten zwei Jahre haben gezeigt, dass es nicht nur Schule und Eltern braucht, sondern das sprichwörtliche Dorf oder vielleicht einen ganzen Landkreis, um Kinder gut zu begleiten.“

Hannelore Schlageter, Leiterin des Jugendamts Südliche Weinstraße, berichtete, dass das Jugendamt im Kreis beim Kinderschutz sehr gut aufgestellt und vorbereitet sei. Wesentlich, um Kinder vor sexualisiert Gewalt zu schützen, sei die Haltung von Staat und Gesellschaft sowie der öffentliche Umgang mit dem Thema sexualisierte Gewalt. Niemand beschäftige sich gern damit, aber die Tabus seien nicht mehr so stark wie früher: „Zu hören oder zu sehen, wie sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ausgeübt wird, stellt eine Herausforderung dar. Es sind ekelhafte und verstörende Dinge. Aber es nützt den Kindern nichts, wenn man wegsieht und weghört.“ Täterinnen und Täter gebe es in allen gesellschaftlichen Schichten, es sei jedoch eine sehr unterschiedliche Gruppe. „Das Motiv ist meist die Ausübung von Macht gegenüber anderen. Noch etwas lässt sich allgemein sagen: Täterinnen und Täter gehen strategisch vor, planen genau und bauen massiven Druck auf Opfer und Umwelt auf“, so Schlageter. Es gelte, besonnen und gemeinsam zu reagieren.

Anja Ziebler-Kühn erläuterte die fachlichen Hintergründe des Präventionsprogramms, das auch wissenschaftlich begleitet werden wird. Einerseits gehe es um die sogenannte sekundäre Prävention: „Fachkräfte sollen Missbrauch erkennen können. Im Schnitt vertraut sich ein Kind sechs bis sieben Mal Erwachsenen an, bis es gehört wird!“ Hellhörig könnten auch Verhaltensänderungen machen. Das frühere Paradigma, nicht „mit dem fremden Mann mitzugehen“, sei inzwischen überholt, da wenig wirksam. Die Gefahr gehe in der Regel nicht von Fremden aus, sondern befinde sich im direkten Umfeld der Kinder.

Andererseits gehe es, so Ziebler-Kühn, insbesondere auch um primäre Prävention: den sexuellen Missbrauch zu verhindern. „Starke Kinder sind nicht so angreifbar, sie sind aufgeklärt, haben Wissen und holen sich Hilfe.“ Als Beispiele nannte sie die Kenntnis eines Kindes, dass mein Körper mir gehört. Dass meine Gefühle richtig und wichtig sind. Dass es gute und schlechte Geheimnisse gibt – die schlechten muss man nicht geheim halten. „Diese Fähigkeiten müssen an konkreten Situationen mit den Kindern geübt werden.“

Hier kommt die Ausstellung ins Spiel. „ECHT KLASSE – Spielstationen zum Starksein“ heißt die Schau mit interaktiven, kindgerechten Elementen zum Mitmachen, Überlegen und Üben. Das Petze-Institut Kiel hat die Ausstellung entwickelt.

Der Erste Kreisbeigeordnete Georg Kern dankte abschließend dem Jugendhilfeausschuss, dem Jugendaktionsbündnis, der Sparkasse Südpfalz, den äußerst engagierten Schulsozialarbeiterinnen des Landkreises und allen, die zur Aufstellung und zum Gelingen des Präventionsprogramms beigetragen haben und beitragen werden. Auch verwies er auf den wichtigen Dialog mit Staatsanwaltschaft und Polizei im Zusammenhang mit Straftatbeständen. „Gemeinsam arbeiten wir durch Aufklärung- und Präventionsaktionen daran, dass Kinder und Jugendliche im Landkreis Südliche Weinstraße vor sexualisierter Gewalt bewahrt werden können.“

Auf dem richtigen Weg.