Ein sicherer Ort für queere Jugendliche – Vertreter des Landkreises informieren sich über Angebote der Aids-Hilfe – nächste Sprechstunde mit Gesundheitsamt am 20. Februar


Der Landkreis Südliche Weinstraße unterstützt seit längerem die Beratungsstelle, seit etwa einem halben Jahr engagiert er sich auch für die queere Jugendarbeit. Eine Viertel-Stelle (25 Prozent) bei der Aids-Hilfe finanziert er dafür. „Die Beratungsstelle der Aids-Hilfe in Landau erfüllt auch für die Beratungssuchende aus dem Landkreis eine wichtige Funktion, ihr kommt ein sehr hoher Stellenwert zu“, so Landrat Dietmar Seefeldt. „Seit Jahren können wir uns auf die verlässliche und kompetente Arbeit der Aids-Hilfe verlassen.“ Er dankte allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren Einsatz, auch im Hinblick auf die Betreuung und Beratung von queeren Jugendlichen.

„Gerade in der Pubertät erleben Jugendliche eine herausfordernde Zeit, in der viele Fragen auftreten. Durch das Angebot der Aids-Hilfe soll auch gefördert werden, dass sie ihr Grundrecht, die eigene sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität zu bestimmen, ausüben können“, betonte der für das Jugendamt zuständige Erste Kreisbeigeordnete Georg Kern.

Die Jugendamtsleiterin Hannelore Schlageter fasste die gute Zusammenarbeit und Bedeutung der Aids-Hilfe zusammen: „Wir sehen die Aids-Hilfe als verlässlichen Partner, der jungen Menschen bei der emotionalen Entwicklung und im Aufbau von Beziehungsformen und Lebensentwürfen wichtige Orientierungshilfen und Begleitung anbietet.“

Anlaufstelle für queere Jugendliche
Psychologe Mark Blattner berichtete, dass die Aids-Hilfe für queere Jugendliche Einzelberatung und eine betreute Gruppe biete. Die Gruppe namens „Queer*-JubeJu“ trifft sich zweimal monatlich in Landau. Aktuell komme ein Großteil der Teilnehmenden aus dem Landkreis Südliche Weinstraße. Der Name der Gruppe steht für „Jugend berät Jugend zu queeren Themen“. Die Gruppe ist eine Anlaufstelle für queere Jugendliche und junge Erwachsene ab 14 Jahren. Im geschützten Rahmen und unter fachlicher Begleitung können sie dort über alles reden, was sie beschäftigt. „Die Gruppe bietet in erster Linie einen sogenannten safe space, einen sicheren Raum. Manche trauen sich in diesem Umfeld zum Beispiel erstmals, sich mit ihren richtigen Pronomen vorzustellen oder sich in bestimmter Kleidung zu zeigen“, so Blattner. Auch Erfahrungen mit Diskriminierung auf dem Schulhof und die Frage, wie die anderen damit umgehen, sind regelmäßig Thema, berichtet der hauptamtliche Mitarbeiter des Vereins. Natürlich werde auch über sexuelle, romantische und geschlechtliche Vielfalt gesprochen, oder, bei Bedarf, über medizinische und rechtliche Fragen.

Netzwerkarbeit sei für die offene Jugendarbeit von besonderer Bedeutung, berichtete Blattner. Eine enge Zusammenarbeit gebe es beispielsweise mit dem Haus der Familie in Bad Bergzabern und dem Landauer Haus der Jugend, ebenso mit den Schulsozialarbeiterinnen der weiterführenden Schulen und den Gleichstellungsbeauftragten der Region. In Annweiler und Edenkoben habe es in jüngerer Zeit ebenfalls gemeinsame Aktivitäten von und für queere Jugendliche gegeben.

Auch über die weiteren Angebote der Aids-Hilfe, brachten sich die Gäste Seefeldt, Kern und Schlageter auf den neuesten Stand und sprachen dazu auch mit Ulrike Bischoff und Tanja Hühnerfauth aus dem Vereinsvorstand der Aids-Hilfe sowie Julia Weber-Tritscher, die seit diesem Jahr die Geschäfte des Vereins führt. Sabine Bader aus dem Gesundheitsamt nahm ebenfalls am gemeinsamen Austausch teil. Das Thema, für das die Aids-Hilfe in der Öffentlichkeit nach wie vor am bekanntesten ist, kam natürlich auch ausführlich zur Sprache: die Beratungsangebote für Menschen mit HIV und Aids.

HIV-Infektionen nehmen wieder zu, vor allem auf dem Land
In Deutschland gebe es inzwischen sehr gute Therapiemöglichkeiten, ein normales Leben mit HIV sei mit bestimmten Medikamenten absolut möglich, erklärte Ulrike Bischoff. Sie hatte auch zu berichten, dass die Anzahl der HIV-Infizierten in Deutschland steige. Zum Teil sei dies ein statistischer Effekt, der mit dem Zuzug vieler aus der Ukraine Geflüchteter zusammenhänge, wo die Inzidenz des HI-Virus bekanntermaßen höher sei als in der Bundesrepublik. „Aber unerfreulicherweise gibt es nach wie vor auch viele Neuinfektionen in Deutschland. Diese Zahlen sind im ländlichen Raum höher als in der Stadt“, so Bischoff. Jedes Alter sei in der Beratung vertreten. „Bei Heterosexuellen und Drogengebrauchern steigt der Anteil der HIV-Positiven leicht. Zum Teil hängt das auch damit zusammen, dass ein Ansteckungsrisiko nicht erwartet beziehungsweise falsch eingeschätzt wurde“, so Bischoff.

Aufklärung, insbesondere an Schulen, sei nach wie vor sehr wichtig, außerdem groß angelegte Kampagnen in der Öffentlichkeit. „Liebesleben“ heiße die aktuelle Landeskampagne, die auf „Gib AIDS keine Chance“ folgte. Dieses Maßnahmenbündel zielt darauf ab, auch andere sexuell übertragbare Krankheiten wie Syphilis oder Pilzinfektionen zu enttabuisieren. Dafür besteht Bedarf, denn „zum Teil wissen junge Menschen sehr wenig über Infektionskrankheiten“, berichtet Julia Weber-Tritscher aus der Beratungspraxis.

Sprechstunde des Gesundheitsamts: Das Gesundheitsamt Südliche Weinstraße/Landau bietet zusammen mit der Landauer Aids-Hilfe an jedem dritten Dienstag im Monat von 14 bis 15 Uhr eine Sprechstunde zu sexuell übertragbaren Krankheiten an. Im Anschluss an die Beratung kann eine Blutentnahme zur HIV-Testung erfolgen. Bei begründetem Verdacht kann seit diesem Jahr auch eine kostenlose Testung auf Hepatitis B und C sowie auf Syphilis erfolgen. Der nächste Termin ist am Dienstag, 20. Februar, in der Klaus-von-Klitzing-Str. 2, dritter Stock, 76829 Landau. Wer zur Beratung kommen möchte, muss sich telefonisch unter 06341/940603 anmelden. Bei der Anmeldung kann ein Pseudonym verwendet werden. Die Beratung ist vertraulich, anonym und kostenlos.

Kontakt zur Aids-Hilfe Landau: Queichheimer Hauptstraße 28, 76829 Landau. Öffnungszeiten: montags bis mittwochs und freitags von 13 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung. Telefon 06341 88688, Beratungstelefon 06341 19411, E-Mail: info@aids-drogen-jugendhilfe.de

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